Stellungnahme im Rahmen der regulären Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß §3 Abs.2 BauGB zur Gesamtfortschreibung des Flächennutzungsplanes der Stadt Höchstadt a. d. Aisch mit integriertem Landschaftsplan vom 21.05.2024 bis 21.06.2024

Stadtratssitzung Stadt Höchstadt - Statement der Stadträte von Bündnis 90/Die Grünen Andreas Popp, Peter Winkler

Ein Flächennutzungsplan ist ein zentrales Planungsinstrument der kommunalen Bauleitplanung, das langfristige Ziele und Maßnahmen für die räumliche Entwicklung einer Stadt festlegt. In Zeiten des Klimawandels und zunehmender Urbanisierung sind flächensparende und ökologische Stadtplanungsansätze von besonderer Bedeutung. Dieser Flächennutzungsplan verfolgt grundsätzlich nicht stringent genug das Ziel, eine nachhaltige und lebenswerte Stadtentwicklung zu fördern, indem er folgende Prinzipien und Maßnahmen viel zu wenig beschreibt:

1. Innenentwicklung vor Außenentwicklung

Eines der Kernprinzipien eines heutigen in die Zukunft weisenden Flächennutzungsplans ist die Priorisierung der Innenentwicklung vor der Außenentwicklung. Dies bedeutet, dass zunächst vorhandene Baulücken und Brachflächen innerhalb des bestehenden Siedlungsbereichs genutzt werden sollen, bevor neue Flächen am Stadtrand erschlossen werden. Dadurch wird die Zersiedelung der Landschaft vermieden und die Infrastruktur effizienter genutzt. Positiv ist in vorliegendem Entwurf hervorzuheben, dass die Stadt Höchstadt von einem optionalen Flächenbedarf zum 16.06.2020 von insgesamt 195 ha mittlerweile in dieser Planvariante bei insgesamt 48,6 ha Neuausweisungen für Wohnen und Gewerbe angekommen ist. Leichte Veränderungen im Laufe der Verfahrenszeit der Bauleitplanung, wie die Herausnahme verschiedener Industrie- (Gewerbegebiet Schwarzenbachgraben) und Wohngebiete, sind durchaus zu erkennen. Beziehen sich die Begründungen des FNP auf das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) (Seite 15f) so wird der ressourcenschonende Umgang mit dem hohen Gut Boden, flächensparende Siedlungs- und Erschließungsformen, Gefahren der Landschaftszersiedlung mit „bandartigen Strukturen“ betont. Gleichzeitig werden auf Seite 81 weiter 17,66 ha Wohnbaufläche am Häckersteig in Form von Einfamilienhaussiedlungen mit den höchsten Flächenverbräuchen bandartig eingefügt. Die zahlreichen Konfliktpunkte, die durch eine mögliche Bebauung herausgefordert werden, werden zwar direkt benannt und sogar der Landschaftsplaner rät dringend von einer weiteren westlichen Entwicklung ab (Landschaftsplan, Seite 105 Eingriffsvermeidung), dennoch hält man an dieser Erschließungsmöglichkeit fest. Zudem wird nicht berücksichtigt, dass sich auch sehr viele Menschen beim zurückliegenden Bürgerentscheid gegen die Bebauung positioniert haben.

2. Maßvolle Nachverdichtung

Zur Erreichung einer flächensparenden Stadtentwicklung müsste dieser Plan auf eine maßvolle Nachverdichtung setzen. Dies umfasst die behutsame Erhöhung der Bebauungsdichte in bereits bestehenden Wohn- und Gewerbegebieten, ohne dabei die Lebensqualität der Anwohner zu beeinträchtigen. Durch die gezielte Ergänzung von Wohn- und Nutzflächen kann dem Wohnraummangel entgegengewirkt werden, während gleichzeitig Grünflächen und Freiräume erhalten bleiben. Zwar wurden die hohen Flächenbedarfe etwas gemildert und der Aktivierungsgrad der Flächenpotentiale optimistischer von 3,2 auf 5,2 angepasst. Dabei ist jedoch auch der Stichtag der Einwohnerzahl vom 31.12.2020 auf den 31.12.21 verlegt worden, um den hohen Einwohnerzuwachs durch gerade fertiggestellte Wohnanlagen in die Berechnungsgrundlage für steigenden Wohnbedarf aufzunehmen. Anstelle die Wohnbedarfe in flächenverbrauchenden Einfamilienhaussiedlungen abzubilden, wäre es viel effektiver eine konsequente Änderung von bestehenden, viel zu großzügig angelegten Bebauungsplänen (Auflockerungsbedarf) vorzunehmen, wie wir sie in Höchstadt Nord und Höchstadt Süd in großem Maße vorfinden (hohe Grundstücksgrößen, große versiegelte Straßenflächen). Die Umplanungen könnten alle im beschleunigten Verfahren gem. § 13a BauGB (Innenentwicklung) umgesetzt werden und gleichzeitig langfristig zu mehr Wohnraum und Entsiegelung führen.

3. Stadt der kurzen Wege

Die „Stadt der kurzen Wege“ ist ein Leitbild, das auf die Verringerung des Verkehrsaufkommens und die Förderung von Fuß- und Radverkehr abzielt. Durch eine durchdachte Mischung von Wohn-, Arbeits-, Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten in räumlicher Nähe werden Wege verkürzt und die Abhängigkeit vom motorisierten Individualverkehr reduziert. Dies trägt nicht nur zur Entlastung der Verkehrsinfrastruktur bei, sondern auch zur Reduktion von CO2-Emissionen. Leider ist durch die Entwicklung eines großen Einkaufszentrums im Osten der Stadt der innerstätische Verkehr weiter verstärkt worden, die Radwegstruktur innerhalb des Stadtgebiets ist wenig entwickelt und dagegen finden wir im FNP eine „große Ortsumfahrung“, die die Wohngebiete am „Häckersteig“ und „Etzelskirchen West“ anbinden und die Probleme des innerstädtischen Verkehrs lösen soll. Trotz der Feststellung übergeordneter Behörden, dass hier kein Bedarf besteht, hält die Stadtplanung an einer solchen Ortsumgehung fest und konterkariert somit die Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung. Die Verkehrsströme werden weiter steigen, Naturräume werden zerschnitten, zurückgedrängt und weiter in großem Maß geschwächt, verläuft nach dem Konzept des FNP (Seite 52) eine Ortsumfahrung mitten durch zwei Schwerpunkträume des Landschaftsplans „Kleinteilige Kulturlandschaft Dornberg-Weichenleite-Weingartsgraben (Nr.4)“ und „Alte Sandgruben-Birkachgrung (Nr.3)“.

4. Grundwasserschutz und Renaturierung

Ein nachhaltiger Umgang mit Wasserressourcen steht im Fokus eines Flächennutzungsplans. Dazu gehört der Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Übernutzung. Maßnahmen wie der Ausbau von Grünflächen, die Reduktion versiegelter Flächen und die Förderung der dezentralen Regenwasserversickerung tragen dazu bei, dass das Grundwasser nachhaltig geschützt wird. Das Schwammstadt-Konzept sollte ein integraler Bestandteil eines Flächennutzungsplans sein, gerade im Hinblick auf die Hochwassererfahrungen im Jahr 2021. Hierbei müssten urbane Räume so gestaltet sein, dass sie Wasser speichern und verzögert wieder abgeben können. Durch die Integration von Grünflächen, versickerungsfähigen Belägen und Rückhaltebecken wird die natürliche Grundwasserneubildung gefördert und das Risiko von Überschwemmungen reduziert. Gleichzeitig trägt dies zur Kühlung der Stadt und zur Verbesserung des Mikroklimas bei. Ein solcher Umbauprozess ist im FNP nicht zu erkennen.

Die Renaturierung ehemals genutzter oder degradierten Flächen ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Durch die Wiederherstellung natürlicher Landschaften und Ökosysteme wird nicht nur die Biodiversität gefördert, sondern auch die Lebensqualität der Stadtbewohner erhöht. Naturnahe Erholungsräume bieten Rückzugsmöglichkeiten und tragen zur Gesundheit und zum Wohlbefinden der Menschen bei. Der Regionale Planungsverband Region Nürnberg wird zitiert (Seite 16), dass die Talräume als natürliche Retentionsräume erhalten werden sollen und dabei auf die Erhaltung und Wiederherstellung von Auwäldern in Überflutungsbereichen hingewirkt werden soll. Der FNP jedoch strebt im Birkachgrund, wie schon erwähnt, Gegenteiliges an. Dabei zählt der Landschaftsplan genau auf, welche Maßnahmen notwendig wären, um diesem Ziel näher zu kommen (Landschaftsplan Seite 102f, Gewässerentwicklungskonzept).

5. Frischluftzufuhr

Die Sicherstellung der Frischluftzufuhr ist ein weiteres wichtiges Element. Kaltluft-entstehungsgebiete und Frischluftschneisen werden im Flächennutzungsplan benannt aber zu wenig geschützt. Diese Zonen sind essenziell für die Belüftung der Stadt und tragen zur Reduktion von Hitzeinseln bei. Durch den Erhalt und die Schaffung solcher Freiräume wird die Luftqualität verbessert und das Wohlbefinden der Stadtbewohner gesteigert. Durch eine mögliche Bebauung des Häckersteigs (1.2, 1.3) und des Weingartsgrabens (1.1) werden zwei Kaltluftproduktionsgebiete mit wichtiger Kühlungsfunktion des Stadtraums (Landschaftsplan, Seite 94) massiv beeinträchtigt. Der Birkachgrund wird gleich mehrfach in dieser elementaren Funktion beschnitten mit zwei möglichen Talquerungen vor Etzelskirchen, einer Straßenquerung zum Baugebiet Etzelskirchen Nord-Ost (Bebauungsplan noch im Verfahren), die Hangbebauung Etzelskirchen Nord-Ost mit einem Flächenverbrauch von 55344 m2 für 48 Baugrundstücke, einer Riegelbebauung südlich des Weidenwegs mit 7 Mehrfamilienhäusern im Birkachgrund und einem Gewerbegebiet direkt in der Talaue Etzelskirchen Ost (2.16 FNP).

6. CO2-Neutralität

Langfristiges Ziel dieses Flächennutzungsplans müsste die Erreichung der CO2-Neutralität sein. Durch die Förderung erneuerbarer Energien, die Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden und die Reduktion des Verkehrsaufkommens sollte der CO2-Ausstoß kontinuierlich verringert werden. Maßnahmen wie die Begrünung von Fassaden und Dächern, die Schaffung von urbanen Wäldern und die Förderung von nachhaltiger Mobilität könnten ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Klimaneutralität der Stadt leisten.
Dieser Flächennutzungsplan in seiner jetzigen Form stellt nicht sicher, dass die Stadtentwicklung in Einklang mit ökologischen und ökonomischen Prinzipien erfolgt und eine hohe Lebensqualität für die Bewohner hergestellt wird. Durch die konsequente Umsetzung der benannten Maßnahmen könnte die Stadt zu einem zukunftsfähigen, resilienten und lebenswerten Ort für alle Generationen werden.

Fazit

Der Flächennutzungsplan sollte die Weichen für eine zukunftsfähige, lebenswerte und ökologische Stadtentwicklung stellen. Durch die Integration der genannten Prinzipien und Maßnahmen könnte eine nachhaltige Nutzung der Ressourcen gewährleistet, die Lebensqualität verbessert und die Resilienz der Stadt gegenüber klimatischen Veränderungen gestärkt werden. Die Verankerung von Klimaschutz als Menschenrecht unterstreicht die Bedeutung dieser Bemühungen für gegenwärtige und zukünftige Generationen. Leider sehen wir diese so wichtige Leitentwicklung in diesem Flächennutzungsplan nicht gegeben.

Stadträte Bündnis 90/Die Grünen
Andreas Popp – Peter Winkler

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