1 Begründung
Die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels sind offensichtlich und nicht mehr zu leugnen. Auch die Höchstadter Stadtgesellschaft bekommt diese in den letzten Jahren immer deutlicher zu spüren: Zunehmende Hitzeperioden, vermehrte Appelle Wasser zu sparen, Hitze- und Trockenschäden in Wäldern und Äckern, Starkregenereignisse und das dadurch ausgelöste Hochwasser im Aischtal des Jahres 2021.
Gleichzeitig steigen auf Grund der weltweiten Verknappung der fossilen Energierohstoffe die fossilen (Erdöl, Erdgas) und atomaren (Uran) Energiekosten immens an. Gestörte Lieferketten und kriegerische Auseinandersetzungen haben die Preise zusätzlich nach oben getrieben.
Höchstadt profitiert von den hier ansässigen Unternehmen und der positiven Effekte auf den städtischen Haushalt. Auch alle unsere Unternehmen sind direkt von den Folgen der Veränderungen (vor allem den steigenden Energiekosten) betroffen.
Wir wollen die Lebensgrundlage und Lebensqualität in unserer Kommune erhalten, die gesunde wirtschaftliche Entwicklung durch eine gesicherte und bezahlbare Energieversorgung stärken und uns so zukunftsfähig aufstellen.
Hierzu ist eine erfolgreiche lokale Energiewende erforderlich, die als unabdingbares Ziel die CO2-Neutralität hat. Die Verpflichtung hierzu gibt uns das Pariser Klimaschutzabkommen (weltweite Netto-Treibhausgasemissionen ab 2050 auf Null) und unsere Verfassung im Artikel 20a GG (Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen), der den Staat zum Klimaschutz verpflichtet, wie das Bundesverfassungsgericht jüngst feststellte: „Dies zielt auch auf die Herstellung von Klimaneutralität“.
Deshalb schlagen wir ein Klimaschutzprogramm vor. Unser Ziel ist es, langfristig den Wechsel zu erneuerbaren Energien zu bewirken. Gleichzeitig sind auch Maßnahmen enthalten, die dem Erfordernis der Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels Rechnung tragen.
Wir müssen uns in Höchstadt als Teil der Weltgemeinschaft verpflichtet sehen und das Ziel der Klimaneutralität voranbringen. Deutschland hat sich verpflichtet die Treibhausgasemissionen bis 2030 auf 35% des Werts von 1990 zu senken.
Das bedeutet, dass die Stadt Höchstadt ab jetzt alle Entscheidungen auf ihre Klimawirkung hin überprüft und Maßnahmen ergreift, das Klima zu schützen. Allen Maßnahmen und Entscheidungen liegt zu Grunde, dass Klimaschutz von nun an höchste und nicht aufschiebbare Priorität genießt.
2 Erneuerbare Energien
Wir wollen alle Maßnahmen ergreifen, um die Stadt möglichst schnell zu 100% mit erneuerbaren Energien (Strom, Wärme Verkehr, Industrie) zu versorgen. Ein Zeitplan für die einzelnen Sektoren ist unter der Leitung der Energieanpassungsmanagerin/des Energieanpassungsmanagers (evtl. unter Miteinbeziehung der Kompetenzen des Energieteams Höchstadt, ect.) zu erarbeiten.
Dazu fördert und unterstützt die Stadt aktiv Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien durch Energiegemeinschaften unter Bürgerbeteiligung.
Hierbei werden die neu zu gründenden Stadtwerke der Stadt Höchstadt eine zentrale Rolle spielen. Neben der Wasser- und Abwasserversorgung sollten die Stadtwerke vor allem auch den Stromsektor und somit eine stärker zu gestaltende regionale Stromversorgung abbilden.
2.1 Windstrom: Ausweisung von Gebieten
Wir bewirken die Ausweisung aller möglichen Vorranggebiete in Höchstadt und in seinen Ortsteilen für die Errichtung von Windkraftanlagen. Auch hier muss oberste Priorität bleiben, dass die Wertschöpfung in der Region, bei den Bürgerinnen und Bürgern und bei der Stadt verbleibt.
2.2 Photovoltaik
PV-Anlagen auf Gebäuden
Die Stadt Höchstadt installiert in den nächsten fünf Jahren auf allen eigenen Gebäuden Photovoltaik-Anlagen. Die Stadt und ihre Stadtwerke unterstützen und beraten Unternehmen sowie Gewerbetreibende aktiv hinsichtlich der Installation von PV-Anlagen auf deren Dächern.
Mieterstrom
Die neu zu gründenden Stadtwerke Höchstadt sollen alle Vermieter im Stadtgebiet aktiv bei der Einrichtung und Vermarktung von Mieterstrom unterstützen.
Die Stadt soll bei den Wohnungsbaugenossenschaften daraufhin wirken, dass bis 2030 alle ihre Wohngebäude mit Photovoltaikanlagen ausgestattet werden. Der dort erzeugte Strom wird nach Möglichkeit direkt als Mieterstrom an die Mieter verkauft. Dieser soll preislich unter dem Arbeitspreis der Stadtwerke liegen. Damit bietet sich für die Mieter die Möglichkeit an, günstiger an Strom zu kommen und für die Wohnungsbaugenossenschaften die Möglichkeit der Refinanzierung der Anlagen.
Vorreiterrolle der neu zu gründenden Stadtwerke Höchstadt
Die Stadtwerke sollen den Auftrag erhalten, den Ausbau der erneuerbaren Energien, im Stadtgebiet zu unterstützen und fördern. Um Netzengpässen vor der Inbetriebnahme von Erzeugern von erneuerbaren Energien entgegenzuwirken, soll mit den Stadtwerken ein belastbarer Ausbauplan bis 2030 erarbeitet werden. Ziel soll es sein, das Netz in Höchstadt strategisch so auszubauen, dass es für die Ausbauziele für Dach-Photovoltaik, Elektromobilität und Wärmepumpen gerüstet ist, die für die Klimaneutralität in den nächsten Jahren notwendig sind.
Ladeinfrastruktur für Elektromobilität und Bi-Direktionales Laden
Im Stadtgebiet und den Ortsteilen sollen bis Ende 2027 bedarfsgerecht mindestens 25 zusätzliche öffentliche Elektroautoladesäulen installiert werden, wovon mindestens 8 als Schnellladestationen mit mindestens 50 kW vorzusehen sind. Eine Kooperation mit Vermieterinnen und Vermietern sowie Eigentümerinnen und Eigentümern soll geprüft werden. Bevorzugt können bestehende Parkplatzanlagen (z. B. Aischparkcenter, EDEKA, Kaufland, Sport- und Freizeitzentrum, Aischtalhalle und Innenstadt) mit Ladesäulen ausgestattet werden. Insbesondere in den Mietwohnungsgebieten, in denen die Mieter keine eigenen Wall-Boxen installieren können, soll die öffentliche Ladeinfrastruktur ausgeweitet werden.
Die Stadtwerke sollen bis Ende 2027 ein Konzept entwickeln, damit die Autobatterien in der Stadt als Stromspeicher zum Ausgleich in den Netzen genutzt werden können (bidirektionales Laden). Für die Ortsteile soll bidirektionales Laden mit dem Bayernwerk verwirklicht werden.
Stündlich abrechnender Stromtarif und Smart-Meter
Ziel muss es sein, dass in Höchstadt ein innovativer Stromtarif angeboten wird, der auf die Bedürfnisse der Energiewende ausgerichtet ist, z. B. mit einer stündlichen Abrechnung nach aktuellem Börsenpreis. Die hierzu notwendigen Smart-Meter sollen den Kunden explizit auch dabei unterstützen können, seinen Stromverbrauch aktiv jederzeit zu überprüfen und zu optimieren. Die ausgewählten Geräte müssen also über Mehrwertfunktionen für die Endkundinnen und -kunden verfügen.
2.3 Nahwärmesysteme
In den Stadtteilen und Kernstadt-Quartieren können Initiativen ergriffen werden, die eine eigene Strom- und Wärmeversorgung verwirklichen.
Die Wärmeversorgung soll mit Nahwärmesystemen (Sektorenkopplung) auf Basis von Wärmepumpen und Solarenergie erfolgen. Biomasse (Holz oder Biogas) soll nur ergänzend in den dunklen und kalten Zeiten des Winters verwendet werden, wenn die Solarstrahlung zu gering ist, um eine dauerhafte Verfügbarkeit zu gewährleisten. Alle denkbaren Energiequellen und Speichermöglichkeiten sind zu prüfen und in einzelne Sektoren (Quartiersbereiche) einzufügen (Geothermie-Hochenergiepfähle, Wärme aus Abwasser, Wasserstoff-gewinnung durch Klärschlamm, etc.).
Langzeitwärmespeicher, wie beispielsweise Erdwärmespeicher können die großen Solarenergiemengen des Sommers in den Winter übertragen.
2.4 Ausbauhemmnisse beseitigen
Es sollen Hemmnisse zum Ausbau von erneuerbaren Energien in Satzungen (z.B. Altstadtsanierungssatzung) und Verwaltungsvorschriften aktiv abgebaut werden.
3 Energieeinsparung
3.1 Energetische Sanierung von Gebäuden
Die Stadt Höchstadt soll schrittweise unter Berücksichtigung vielfältiger Einsparpotentiale alle ihre Gebäude energetisch sanieren, um nachhaltig Energie einzusparen und somit die Nebenkosten dauerhaft zu senken. Hierbei sollen ausschließlich ökologische Dämmstoffe verwendet werden. Dach-/Fassadenbegrünung ist je nach den örtlichen Gegebenheiten mit einzuplanen, um einen sommerlichen Hitzeschutz zu gewährleisten.
Fossile Heizsysteme (Gas oder Öl) können so nach und nach vollständig durch erneuerbare Heizquellen ersetzt werden.
4 Verkehrswende
4.1 Autofreie Fußgängerzone
Zur Aufwertung der Innenstadt kann die Einrichtung einer autofreien Zone beitragen, die zum Flanieren und Verweilen einlädt und so auch die örtlichen Geschäfte stärkt.
4.2. Fahrradverkehr
Wir fordern die Entwicklung eines Radwegenetzes, damit der Vorrang des Radverkehrs vor dem Autoverkehr verwirklicht wird. Die Nutzung von Lastenrädern wie auch ausreichende Fahrradabstellmöglichkeiten sollen dabei mitgedacht werden.
4.3 Ausbau ÖPNV
Der ÖPNV muss in allen Bereichen einer noch bürgerfreundlicheren Nutzung angepasst werden.
4.4 Carsharing
Zudem können Carsharing Modelle die Anzahl der zugelassenen Fahrzeuge im Stadtgebiet reduzieren. Besonders in neu zu planenden Wohnprojekten lassen sich diese Modelle verwirklichen.
4.5 Stadteigener Fuhrpark
Wir fordern die Stadt und die Stadtwerke auf, im PKW- und Klein-LKW-Segment ausschließlich Elektrofahrzeuge zu beschaffen.
5 Anpassung an den Klimawandel
5.1 Regenwassernutzung und Rückhaltung
Zisternen im Neubau
Alle Neubauten im Stadtgebiet und den Ortsteilen sollten über eine Zisterne verfügen müssen. Hierbei unterstützt die Stadt die Bürgerinnen und Bürger mit einer Einbauprämie.
Förderung von nachträglichem Einbau von Zisternen
Der nachträgliche Einbau von Zisternen in bestehende Gebäude soll durch eine Reduktion der Abwassergebühren + Einbauprämie i. H. v. 300 €/m³ Fassungsvermögen, maximal 3000 € pro Wohneinheit, gefördert werden.
5.2 Hitzeschutz und Schwammstadt
Wir setzen uns dafür ein, dass im Stadtgebiet und den Ortskernen der Ortsteile mindestens 500 zusätzliche Bäume oder Vertikalbegrünungen bis 2030 gepflanzt werden, um Schatten bei Hitzewellen zu spenden.
Wir schlagen vor, bis Ende 2024 einen Plan aufstellen, wie unnötig versiegelte Flächen wieder begrünt werden können und zügig mit der Entsiegelung begonnen werden kann. Hierdurch kann das Schwammstadtprinzip (Entsiegelung, Versickerung, Grundwasserneubildung) Schritt für Schritt vorangetrieben werden.
5.3 Bekämpfung von Flächenbränden
Wir fordern, dass die Feuerwehren der Stadt gezielt für die Bekämpfung von Waldbränden ausgerüstet und ausgebildet werden.
In enger Absprache mit den Feuerwehren muss geprüft werden, ob die nötige Ausrüstung z.B. D-Schläuche, Fahrzeuge, angepasste PSA flächendeckend verfügbar ist. Bei Bedarf können wir entsprechende Anschaffungen vornehmen.
5.4 Förderung von Naturgärten
Intakte Gärten mit ausgeprägtem Pflanzenbewuchs sind starke Kohlenstoffsenken. Daneben fördern sie die Biodiversität.
Wir fordern eine Aufklärungskampagne in Zusammenarbeit mit dem Gartenbauverein, dem Imkerverein, dem LBV und dem Bund Naturschutz hinsichtlich des Erfordernisses von naturnahem Bewuchs und dem Verzicht auf Bodenversiegelung.
Ziel der Kampagne sollte sein, dass Schottergärten und Kunststoffzäune in privaten Gärten vermieden werden, um mehr Klimaschutz und Biodiversität in Privatgärten zu verwirklichen.
6 Landwirtschaft
6.1 Ökologische Landwirtschaft auf eigenen Flächen
Wir fordern, dass landwirtschaftliche Flächen der Stadt Höchstadt, die verpachtet sind und bei denen eine Vertragsverlängerung/Pachtwechsel ansteht, bei Neuvergabe mit den Landwirtinnen und Landwirten ausgelotet werden soll, wie es gelingen kann, dass die Ziele einer nachhaltigen und regenerativen Bodenbewirtschaftung verwirklicht werden können. Die Stadt sollte klar deutlich machen, dass die Humusbildung (CO2 Speicherfähigkeit), wie auch der Verzicht auf Pestizide (Grundwasserschutz, Artenvielfalt) höchste Priorität haben.
6.2 Anpassung stadteigener Wälder
Der Waldumbau der stadteigenen Wälder und Privatwälder im Stadtgebiet auf Dürre- und hitzeresistentere Sorten soll konsequent vorangetrieben werden. Der natürliche Waldaufwuchs ist zu fördern.
7 Planung von Sanierung und Baumaßnahmen
7.1 Berücksichtigung von Klimaschutz schon in der Ausschreibung
Bei zukünftigen Sanierungen und Baumaßnahmen fordern wir, niedrige Treibhausemissionen von Baustoffen schon in der Ausschreibung zu berücksichtigen. Hierbei sind die verursachten Emissionen explizit zu berechnen. Ziel ist es, dass Baustoffe verwendet werden, die möglichst wenig Treibhausgase verursachen. Beispielsweise ist Holz als Baustoff klimapositiv wohingegen konventioneller Beton viel CO2 in der Herstellung verursacht. Innovationen wie z. B. Textilbeton und Recyclingbaustoffe sollen besonders positiv gewertet werden.
7.2 Innenentwicklung
Die Stadt beschreitet konsequent den Weg der Innenentwicklung und verzichtet weitgehend auf weitere Baugebiete im Außenbereich, um der Versiegelung entgegenzuwirken. Stattdessen sollen alle stadtplanerischen Maßnahmen ergriffen werden, um neuen Wohnraum in bereits erschlossenen Quartieren zu ermöglichen (z.B. Aufstockung, Umnutzung, etc.)
8 Personalplanung
Wir streben an, langfristig Klimaschutz-Management von städtischer Seite aus zu betreiben. Hierfür müssen unbefristete Arbeitsstellen z. B. für eine Klimaschutzmanagerin/ einen Klimaschutzmanager besetzt werden.
Wir müssen sicherstellen, dass der Ausbau von erneuerbaren Energien durch die Stadt und deren neu zu gründenden Stadtwerke gewährleistet werden kann, mit dem Ziel einer starken regionalen und klimaneutralen Energieversorgung. Auch hierfür wird es notwendig sein, zusätzliches Personal vorzusehen.
9 Überprüfung der Wirksamkeit
Um die Wirkung der Maßnahmen zu überprüfen, werden wir folgende Kennzahlen künftig jährlich erfassen, in einem Bericht (auch online) veröffentlichen und im Stadtrat sowie mit Expertinnen und Experten diskutieren:
- Treibhausgas-Ausstoß von stadteigenen Gebäuden, Fahrzeugen und eingekauftem Strom
- „Energiemonitoring“ durch die neu zu gründenden Stadtwerke,
- Entwicklung des Wasserverbrauchs,
- Anteil energetisch sanierter stadteigener Gebäude,
- Erzeugte Wärme, die über Nahwärmenetze verteilt wird (und die zugehörigen verursachten Treibhausgase),
- Versiegelte Fläche relativ zur Gesamtfläche,
- Erfassung von Anzahl und Fassungsvermögen von Zisternen.
Der erste Bericht dieser Art soll für das abgelaufene Jahr 2023 erstellt werden.
10 MITTELFRISTIGER MASSNAHMENPLAN ZUR KLIMANEUTRALITÄT BIS 2030 UND KLIMAFOLGEN
Die Stadt Höchstadt soll sich bis Ende 2024 einen Maßnahmenplan erarbeiten, der die Klimaneutralität der Stadt auf einen sicheren Weg bringt und der die Folgen des Klimawandels (Klimaanpassung) abfedert.
Der Vorstand des OV Bündnis90/DIE GRÜNEN Höchstadt an der Aisch
Herbst 2023