Stellungnahme zum Entwurf des Flächennutzungsplans

Stellungnahme zum Entwurf des Flächennutzungsplans für das Gebiet der Stadt Höchstadt a.d. Aisch und dessen Begründung (Aufstellungsbeschluss vom 7.12.2020)

            Der vorgelegte Flächennutzungsplan wird vom Ortsverband Bündnis 90/Die Grünen aufgrund seiner in unseren Augen unbegründeten exorbitanten Flächenausweisungen abgelehnt. Wichtige stadtplanerische Fragestellungen wurden nicht berücksichtigt.

            Das auf rein quantitative Zuwächse an Wohn- und Gewerbeflächen ausgelegte Planungsziel lässt wichtige qualitative Kriterien für eine sinnvolle und am Allgemeinwohl orientierte Flächenplanung vermissen. So ist der Verlust wichtiger Naturräume und Naherholungsbereiche zu befürchten. Als Folge davon wird ein weiterer Rückgang der Artenvielfalt zu beklagen sein. Eine Antwort auf die Herausforderung, dem Klimawandel zu begegnen, etwa in Form zukunftsfähiger Verkehrsplanungskonzepte, lässt sich im FNP nicht finden.

            Zudem sehen wir, dass wichtige Voraussetzungen für die Einstufung der Stadt Höchstadt als Mittelzentrum durch den Landesentwicklungsplan, mittlerweile nicht mehr gegeben sind. So sind wichtige Versorgungsgrundlagen im ÖPNV nicht mehr vorhanden (Gleisanschluss), zahlreiche Behörden wurden verlagert, Banken und Sparkassen haben fusioniert und Geschäfte verließen die Innenstadt. Eine Bezugnahme auf Höchstadt als Mittelzentrum lässt sich so nicht mehr überzeugend begründen.

            Grundsätzlich stellen wir in Frage, ob es eine gute Entscheidung war, ein in erster Linie im Hoch- und Tiefbau tätiges Ingenieurbüro mit der Erstellung eines neuen FNP zu beauftragen.

  1. Wohnflächenbedarf/Einwohnerprognose

            Die in der Begründung des FNP dargelegte Prognose zur künftigen Bevölkerungsentwicklung (1.3 der Anlage 02 Wohnflächen-Bedarfsermittlung) geht davon aus, dass im Zeitraum von 20 Jahren (Basisjahr 2017-2037) ein relativer Zuwachs von 5,0 % anzunehmen ist. Dies würde eine Einwohnersteigerung von 677 Personen bedeuten. Betrachtet man alleine die seit 2020 entstandenen neuen Wohnraumflächen und Wohneinheiten und in diesem und nächsten Jahren fertiggestellten Bauplanungen kommt man leicht auf eine Zahl von über 350 Wohneinheiten (Häckersteig 6 – 33WE, Lehmgrube 2 – 28 WE, Etzelskirchen Nord-Ost – 40 WE, Etzelskirchen Pfarrer Eckhardstr. – 34 WE, Etzelskirchen Rosic Immobilien – 36 WE, Kieferndorfer Weg – 90 WE, Wachenrother Weg – 20 WE, Greiendorfer Weg – 32 WE,…). Bei einer durchschnittlichen Haushaltsgröße unter Berücksichtigung des Auflockerungsbedarfs von jährlich 0,3 % bis 2037 werden in diesem bereits geschaffenen und in ein bis zwei Jahren fertiggestellten Wohnraum bereits 724 Einwohner einziehen können. Dies bedeutet, dass der ermittelte Wohnbedarfszuwachs im vom hiesigen Planungsbüro vorgelegten FNP sich bereits durch die laufenden Entwicklungen in kurzer Zeit erfüllt und somit die wichtigste Begründung der exorbitanten Flächenausweisung des FNP hinfällig ist.

2. Flächenpotentiale / Leerstandsmanagement

            Ebenfalls werden in der Begründung des FNP unter Punkt 2 der Anlage 02 (Wohnflächen-Bedarfsermittlung) die Wohnbauflächenpotentiale ermittelt. Das Ingenieurbüro zählt eine stattliche Flächengröße aller Ortsteile auf.  Von den summierten 29,6 ha (295.971,46 m2) wird ein Mobilisierungsgrad von 20 % angenommen, also lediglich 5,92 ha (59.194 m2). Dieser Entwicklung weiter zu folgen würde bedeuten, dass die randständigen Ortsteile mehr und mehr in die Landschaft hineinwuchern, währenddessen die Kernbereiche der Siedlungen sich zunehmend entleeren (Verödung der Ortskerne). Unberücksichtigt bleibt, dass die Stadt Höchstadt alle Möglichkeiten besitzt ein aktives Leerstands- und Flächenmanagement zu entwickeln und anzuwenden. Erste Schritte und Entscheidungen sind in den Gremien der Stadt jüngst gefallen. Ziel des FNP müsste es in erster Linie sein, die bereits erschlossenen Bereiche zu bebauen, den Wohnbestand zu erhalten und den Auflockerungsbedarf (Zuwachs von Wohnraum pro Person) durch kluge Wohnbauformen anzupassen. Stattdessen setzt der vorgelegte FNP auf einen Flächenzuwachs von 137 ha, das Fünffache der als Ziel ausgegebenen Flächenverbrauchs-Richtgröße von 5 ha pro Tag in Bayern! Aus unserer Sicht ist dies ein stadtplanerisches Desaster.Der vorgelegte FNP sieht in einigen Bereichen eine massive Ausdehnung vor, währenddessen der Landschaftsplan genau an diesen Stellen Schwerpunkträume der Landschaftsplanung vorsieht.

3. Naturraumverlust

Das großräumig geplante Neubaugebiet mit Einfamilienhäusern am Häckersteig stellt mit seiner geologischen Hangstruktur in mehrfacher Weise einen hohen Wert dar. Eine herausragende Blickachse über das Aischtal mit viel genutzten Freizeitaktivitäten, eine extrem wichtige Frischluftzufuhrquelle für die Stadt und eine im Landschaftsplan hervorgehobene Stellung als „kleinteilige Kulturlandschaft Dornberg-Weidenleite (Schwerpunktraum 4)“ mit hohem ökologischen Wert ginge verloren. Bei einer bayernweiten Erfassung wertvoller und schützenswerter Landschaftsteile wurde bereits 1974 auf die hohe Bedeutung der Terrassen- und Heckenlandschaft verwiesen. Eine Wohnbebauung würde all dies gefährden und dort ansässige wildlebende Tier- und Vogelarten wie z.B. Feldlerche, Kibitz, Fasan und Neuntöter endgültig verdrängen. Dies alles um Platz zu machen für eine Wohnbebauung mit Einfamilienhäusern, die unbestritten die größten Boden- und Energieressourcen verbrauchen. Zudem würde diese Bebauung eine straßentechnische weitere Erschließung nach sich ziehen, die einem Schwerpunktraum des zugrundeliegenden Landschaftsplans auf keinen Fall gerecht wird. Eine angedachte Entlastungsstraße „Westumgehung“ als direkte Anbindung der B470 an die B505 würde das nordwestliche Stadt- und Landschaftsgebiet völlig entstellen und zerstören.

Ein neues Gewerbegebiet im Schwarzenbachgrund liegt auch im Blickfeld des Landschaftsplans als besonders zu schützender Naturraum (Schwerpunktraum 6). Ein neues Industriegebiet passt nicht zur land- und teichwirtschaftlich genutzten Talaue um die Höchstadter Weiherkette. Auch hier ist die charakteristische Landschaft mit wertvollen Blickachsen ins Aischtal gefährdet. Weitere Erschließungsstraßen würden das Tal durchschneiden und eine vielfältige Pflanzen-  und Tierwelt verdrängen.

Ebenso wird an eine Bebauung des Galgenbergs gedacht, um weiteren Wohnraum und Industrieflächen zu schaffen, obwohl dieser Bereich eine ökologisch und ästhetisch wertvolle Abrundung des Ortsrandes Stadtteil SÜD nach Gremsdorf darstellt.

4.Fazit

An diesen drei Beispielen wird deutlich, dass die einzige Intention bei der Erstellung des FNP es war, ein Maximum an neuen bebaubaren Flächen darzustellen unter völliger Ignorierung des tatsächlichen Bedarfs an neuen Wohnbau und Gewerbeflächen. Die Stadtgesellschaft sollte erkennen, dass Wachstum und Expansion in Höchstadt an seine Grenzen gekommen ist. Die rasanten Erschließungen und Ausdehnungen der Stadt der letzten Jahrzehnte lassen sich so nicht mehr fortentwickeln, sondern bedürfen neuer Strategien und Konzepte. Benötigter Raum zum Wohnen und für ortsansässiges Gewerbe lässt sich über viele Jahre weiter gut entwickeln, wenn neue Nutzungsformen und -modelle angewendet werden, Bestände optimiert, Leerstände gestaltet und bedarfsgerechte Anpassungen (Tauschmöglichkeiten) vorgenommen werden. Für eine gesunde und glückliche Stadtgesellschaft brauchen wir nicht nur Wohngebiete, Industrie, Handwerk und Straßen. Nötig ist vielmehr ein auf die Zukunft ausgerichteter Flächennutzungsplan, der weniger die ökonomischen Gewinnmaximierungen durch Baulanderschließungen in den Blick nimmt, sondern die kulturelle Identität von Landschaft, Natur und Mensch in den Mittelpunkt rückt. All dies sind die essentiellen Grundlagen, auf die wir uns heute in Zeiten des Klimawandels und im Angesicht eines dramatischen Artenschwunds besinnen müssen. Leider kann der vorgelegte FNP diesen Anforderungen in keiner Weise gerecht werden.

In den Leitsätzen zum jüngsten Beschluss des ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 heißt es: „Der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schließt den Schutz vor Beeinträchtigungen grundrechtlicher Schutzgüter durch Umweltbelastungen ein, gleich von wem und durch welche Umstände sie drohen. Die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgende Schutzpflicht des Staates umfasst auch die Verpflichtung, Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen. Sie kann eine objektivrechtliche Schutzverpflichtung auch in Bezug auf künftige Generationen begründen.“ (1 BvR 2656/18, 1 BvR 96/20, 1 BvR 78/20, 1 BvR 288/20, 1 BvR 96/20, 1 BvR 78/20)

Mit Aufstellung des Flächennutzungsplans in dieser Form stellt sich die Stadt Höchstadt diametral gegen ihre Schutzpflichten in Bezug auf künftige Generationen ihrer Stadtbevölkerung.

Der Ortsverband Bündnis 90/Die Grünen Höchstadt

Sonja Koenigk, Peter Winkler